Mustafa fasst Vertrauen – Eine Balu-und-Du-Geschichte

In den Gesprächen mit unseren Mentoren, den Balus, zeigt sich immer wieder, wie wichtig deren Kommunikation untereinander ist, wenn es darum geht, die Konflikte, die auftauchen, zu lösen. Balu Mirja (Namen geändert) berichtete in der Supervision regelmäßig, wie schwer es ihr fiel, mit den verbalen Angriffen ihres Moglis Mustafa umzugehen. Mustafa gab sich ihr gegenüber misstrauisch und cool. Wenn Mirja ihm Angebote machte, etwas zusammen zu unternehmen, lehnte er diese abschätzig ab. Da sie sich vor den Treffen genau überlegt hatte, welche Aktivitäten Mustafa Freude bereiten könnten, fühlte Mirja sich durch sein Verhalten abgewertet. Sie attackierte ihn im Gegenzug mit Vorwürfen. Beide “verhakelten” sich immer wieder ineinander und gingen nach den Treffen enttäuscht auseinander. Danach zweifelte Mirja an sich und grübelte, was sie möglicherweise alles falsch gemacht haben könnte.

In der Supervision hatte Mirja den Mut, von ihren Kränkungsgefühlen zu berichten. Sie lernte, das Verhalten des Jungen nicht persönlich zu nehmen und hinter die coole Fassade zu sehen. Bald wurde klar, dass Mustafas persönliche Geschichte, die vom frühen Verlust seiner Mutter geprägt war, ein möglicher Grund für sein schroffes Verhalten sein könnte. Außerdem erkannte sie, dass ihre Unsicherheit und ihre eigene Unzufriedenheit zur Eskalation beitrugen und bemühte sich von da an, die Beschimpfungen und Nörgeleien zu überhören. Stattdessen brachte sie ruhig und zugewandt ihre Ideen für die gemeinsamen Treffen ein.

Die neue Einstellung von Mirja trug dazu bei, dass Mustafas Attacken mehr und mehr ins Leere liefen. Die beiden erlebten von da an viel miteinander. Sie gingen schwimmen, ins Kino und spielten Fußball. Mirja berichtete, wie überrascht sie sei, dass Mustafa sich mit einem Mal auf sie einließ.

Beim Abschlussseminar teilte sie uns strahlend ihr schönstes Erlebnis mit: Die beiden waren mit ein paar älteren Freunden von Mustafa unterwegs. Plötzlich entdeckte er an seinem Rucksack eine große Spinne. Er schrie und bat Mirja ihm zu helfen. Mirja war überrascht, dass Mustafa eine Schwäche zugab und sie um Unterstützung bat – und das auch noch vor seinen Freunden! Sie nahm die Spinne von seinem Rucksack. Mustafa jubelte: “Mirja! Du hast mich gerettet! Du bist meine Retterin!”

Mirja war froh, nach den anfänglichen Konflikten nicht aufgegeben zu haben. Sie hätte nie gedacht, dass sie jemals einen Zugang zu Mustafa finden würde. Ihre Erkenntnis war, dass sie andere Menschen direktiv nicht verändern kann. Verändern könne sie nur ihren eigenen Blick. Das Erlebnis mit der Spinne sei für sie die Krönung des gemeinsamen Jahres mit Mustafa gewesen. Beide wollen, obwohl die Projektzeit abgelaufen ist, miteinander befreundet bleiben.

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Freiwilligenagentur Bremen