Vor wenigen Tagen ist unser Ehrenvorsitzender und langjähriges Vorstandsmitglied Pastor Ulrich Finckh im Alter von 91 Jahren gestorben. Der 1927 geborene Ulrich Finckh hat als Kind den zweiten Weltkrieg erlebt und war von den schrecklichen Erlebnissen und Auswüchsen des nationalsozialistischen Militär- und Unrechtsstaates geprägt. Der streitbare Pazifist und Publizist setzte sich bis zu seinem Tode mit großer Hingabe und unermüdlichem Engagement für Freiheit, eine gewaltfreie Welt und die Einhaltung der Menschenrechte ein.
Ich hatte das Glück Herrn Finckh im Jahr 1997 als Delegierter der Zivildienstleistenden des SFD auf einer gemeinsamen Zugfahrt kennen zu lernen. Wir fuhren zur Sitzung des „Beirates für den Zivildienst“ nach Bonn. Eine Begegnung, die mich nachhaltig beeindruckt und geprägt hat. Der Respekt vor diesem kritischen und wachen Geist auf Seiten der Ministerialbeamten war damals in Bonn spürbar. Finckh war klug, hervorragend vernetzt, bestens informiert und rhetorisch geschult. Seine Einwürfe und Fragen im Beirat, so war mein Eindruck, deckten messerscharf die Schwachstellen des Zivildienstes auf. Er trat dort als Sprachrohr der bundesweit aktiven Kritikerinnen und Kritiker des Zwangsdienstes auf. Finckh war eine besondere Persönlichkeit, die unermüdlich und mit großem Geschick für das Recht auf Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen gestritten hat und sich für die Abschaffung der Wehrpflicht einsetzte. Er war ein aufgeklärter, gebildeter und streitbarer evangelischer Pastor im besten Sinne, der große Verdienste durch sein politisches Engagement erworben hat. Er war ein wichtiger Wegbereiter für die Aussetzung der Wehrpflicht, die am Ende nach Meinung vieler Beobachter und Beobachterinnen nur aufrechterhalten wurde, weil der Zivildienst für zentrale Aufgaben des Sozialstaates dringend gebraucht wurde. Mit der Zentralstelle für Kriegsdienstverweigerung, deren Vorsitzender er lange war, und dem SFD fand er die geeigneten Hebel, um gesellschaftspolitisch und friedenspolitisch wirksam zu werden.
Vor fast 50 Jahren hat er den SFD mitgegründet und über viele Jahre im Vorstand des Vereins federführend mitgewirkt. Der SFD war eine seiner politischen Heimaten und wichtig, weil hier konzeptionell die freiwillige, zivilgesellschaftlich getragene Alternative zum staatlichen Zwangsdienst entwickelt und erprobt wurde. Er hat sich in den 90er Jahren für den Ausbau der Freiwilligendienste und den Aufbau der Freiwilligenagentur im SFD stark gemacht, die Neuausrichtung des Vereins vorangetrieben und damit die Transformation vom Zwangsdienst zum freiwilligen Lerndienst auf der bundespolitischen Ebene vorbereitet. Das Selbstverständnis des SFD als Teil einer unabhängigen und staatskritischen Zivilgesellschaft geht auf ihn und sein Wirken zurück. Er personifizierte diese Haltung geradezu durch seine ethisch-moralische Klarheit, sein öffentliches Wirken und seine Hartnäckigkeit in der Sache.
Wir trauen mit großer Dankbarkeit um Ulrich Finckh. Der SFD verliert eine große Persönlichkeit, eine moralische Instanz, einen vertrauten und geschätzten Weggefährten und Freund!
Jan-Hendrik Kamlage (Aufsichtsratsvorsitzender des Sozialen Friedensdienst e.V.)