"Man kann was bewirken, man muss aber viel Geduld haben"
Gespräch mit dem Beiratssprecher Stefan Markus über die Mitwirkung von Freiwilligen in Bremer Beiräten
16. Mai 2023 – Freiwilligenarbeit stärkt die demokratische Mitgestaltung – besonders deutlich wird das in der Arbeit der Bremer Stadtteilparlamente, der sogenannten Beiräte. Am 14. Mai war es wieder soweit: Dann entschieden die Bremer:innen neu, wer aus welcher Partei in den nächsten vier Jahren in ihrem Beirat vor Ort sitzen soll.
Und das ist nicht unwichtig: Die Beiräte beraten in öffentlichen Sitzungen über alle Angelegenheiten des Ortsamtsbereichs, die von öffentlichem Interesse sind. Sie entscheiden über die Verwendung von Mitteln. Und sie befassen sich mit allen Anregungen und Beschwerden der Bevölkerung. Unterstützt werden sie durch die Ortsämter; von denen vier der insgesamt 17 Ortsämter ehrenamtlich geleitet werden.
Im Hinblick auf die Engagementstrategie haben wir einen dieser Freiwilligen getroffen: Stefan Markus, Leiter des Bürgerhauses Obervieland ist seit 12 Jahren als Beiratssprecher des Beirats Obervieland aktiv und blickt auf acht Jahre Erfahrungen als Sprecher aller Beiräte zurück. Nun hört er mit der politischen Arbeit auf und will Platz machen für neue Ideen und Veränderung. „Man kann was bewirken, muss aber viel Geduld haben“, ist sein Fazit. Besonders die Vernetzung, die das Amt mit sich bringt und die Möglichkeiten, etwas zu verändern, haben ihm immer besonders viel Freude gemacht. Das Beiratsgesetz habe mehr Mitbestimmungsrechte ermöglicht. Die Beiräte würden früher beteiligt, und so ließen sich Konflikte auch schon vorab klären. Gleichzeitig sei der bürokratische Aufwand gestiegen – für viele Beiräte sei es vor allem ein Zeitproblem, sich in die oft detailreichen Sachfragen einzuarbeiten, die oft mit seitenweisen Vorlagen daher kommen.
Und was müsste sich ändern? Was ist noch zu tun? Die Besetzung der Beiräte ist gezeichnet von einer starken Überalterung. Es gibt immer wieder zu wenig neue Anwärter:innen. Zudem bilden sie oftmals nicht die Diversität der Gesellschaft ab. Zeit und hohe Anforderungen seien das Hauptproblem. Aber auch die Frage, wie man junge Menschen gewinnen kann, treibt Stefan Markus um. Einige Beiräte haben Jugendbeiräte gebildet. Damit dies flächendeckend möglich wäre, bräuchte es hauptamtliche Beschäftigte in den Ortsämtern, die die Jugendbeteiligung organisieren. Alleine läuft es nicht.
Zudem braucht es mehr Öffentlichkeitsarbeit, um die Arbeit der Beiräte überhaupt sichtbar zu machen. Und die Digitalisierung sei noch immer unzureichend – eigentlich müssen alle Sitzungen immer digital übertragen werden. Das könnte auch zur stärken Teilhabe beitragen.
Es gibt also noch Einiges zu tun. Umso schöner, dass sich trotz allem wieder Bremer:innen gefunden haben, zur Wahl zu kandidieren.